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Mathematik (Klassen 9-12)

Der Kern der mathematischen Aktivität in der Oberstufe ist Problemlösung. Die wichtigste Zielsetzung ist, die Denkfähigkeit der Schüler und Schülerinnen mit einer breiten Spannweite vom Abschätzen bis zur logischen Schlussfolgerung zu entwickeln und ihnen Selbstvertrauen in das eigene Denken zu geben. Das Denken als wesentliche Äußerung unserer Ich-Tätigkeit kann den Schülern ganz besondere Möglichkeiten zur inneren Entwicklung geben.

9. Klasse
Im Vordergrund steht im 9. Schuljahr das „Wie“. Es kommt darauf an, die Aussagekraft konkreter Beispiele für die allgemeine Gesetzmäßigkeit erlebbar zu machen. Inhalte können sein: Kryptologie (Geheimschriften) und Kombinatorik; Ähnlichkeit, Zentrische Streckung und Strahlensatz; Geometrische Ortskurven (z.B. Parabel, Ellipse, Hyperbel), Gleichungssysteme.

10. Klasse
Der Mathematikunterricht des 10. Schuljahres soll einen stark praktischen Lebensbezug aufweisen. So lernen die Schüler und Schülerinnen in einem zweiwöchigen Feldmesspraktikum (siehe Seite: ?) sich messend und zeichnend mit der Erde auseinanderzusetzen. Der Taschenrechner kommt in der Trigonometrie zum Einsatz. Inhalte: Potenzen (auch Wurzeln) und Logarithmen; Zahlenfolgen und Reihen; Trigonometrie; Quadratische Gleichungen; eventuell: Projektive Geometrie; die Darstellende Geometrie wird in einem Blockkurs separat unterrichtet.

11. Klasse
Zum ersten Mal wird die Unendlichkeit in den „unendlich fernen Elementen“ in der Projektiven Geometrie denkerisch in der 11. Klasseerfasst. In der analytischen Geometrie werden die bisher getrennt betrachteten Gebiete Algebra und Geometrie nun zusammengeführt. Dem Schüler soll deutlich werden, wie geometrische Gebilde ihre Entsprechungen in Gleichungen finden. Inhalte: Analytische Geometrie; Vektorgeometrie; Projektive Geometrie (evtl. auch Weiterführung).

12. Klasse
Ein Bruch mit dem Wert des Nenners 0 war bis in die 12. Klasse hinein unlösbar. Nun erleben die jungen Erwachsenen mithilfe des Grenzwertprozesses etwas völlig Neues im Gebiet der Differentialrechnung: die lokale Änderungsstärke. Inhalte: Differential- und Integralrechnung, Weiterführung der Vektorgeometrie; Stochastik.

Die obige Einteilung des mathematischen Stoffes hat sich bewährt. Da es eine Fülle von weiteren mathematisch interessanten und pädagogisch passenden Themengebieten gibt, z.B. der goldene Schnitt, Zahlensysteme, Pascalsches Dreieck, Fibonacci-Zahlen, Geometrische Denkaufgaben, Kettenbrüche, Vollständige Induktion, Sphärische Geometrie und vieles mehr, ist der  jeweilige Lehrer aufgefordert, geeignete Inhalte für seine Klasse zu finden und gegebenenfalls von der obigen Gliederung abzuweichen. Wichtig ist es, mathematisches Gedankengut exemplarisch zu vermitteln und den Bezug zu Anwendungen im realen Leben aufzusuchen.

Physik (Klassen 9-12)

In der 9. Klasse wird ein Verständnis für Errungenschaften unserer technisierten Umwelt angestrebt. Dazu werden verschiedene Kraftmaschinen und Elemente der Kommunikationstechnik genauer untersucht.

Die mathematisch exakte Erfassbarkeit physikalischer Erscheinungen wird in der 10. Klasse an der Mechanik erlebbar.

Mit der Elektrizitätslehre und der Atomphysik werden in der 11. Klasse Gebiete behandelt, die sich der unmittelbaren Wahrnehmung entziehen. Der Zusammenhang elektrischer und magnetischer Felder kann phänomenologisch exakt beschrieben werden. Modellbetrachtungen und deren Grenzen werden thematisiert.

Einblicke in die moderne Physik und deren Philosophie können in der 12. Klasse mit der Optik gewonnen werden. Dies führt in der letzten Physikepoche der Waldorfschulzeit bis in erkenntnistheoretische Fragen.

Informations- und Kommunikationstechnologie (Klasse 10-11)

Technologie ist in stetem Wandel begriffen und speziell die Computertechnologie durchläuft eine rasante Entwicklung. Deshalb kann es in diesem Unterricht nicht nur darum gehen, die Bedienung der Geräte beizubringen, sondern auch Fragen zum Wie und Warum aufzuwerfen. Während früher an der Schule der Weg vom Verstehen zum Tun gegangen wurde, versuchen wir heute, in Anlehnung an den norwegischen Lehrplan für Computertechnologie an Waldorfschulen, erst zu tun und in den höheren Klassen die Inhalte zu hinterfragen. Denn warum sollte man sich für Digitaltechnik interessieren, wenn man nicht die enormen Computerleistungen selbst erfahren hätte? Warum sollte man einen Programmablauf selbst programmieren, wenn man nicht erlebt hätte, wie eine Tabellenkalkulation funktioniert?

In der 10. Klasse (36 Schulstunden)
üben die Schüler das 10-Finger-Schreiben und beschäftigen sich im Wesentlichen mit den Funktionen einer Textverarbeitung: Layout und Formatierungen werden geübt. Kopf- und Fußzeilen, Fuß- und Endnoten werden mit verschiedenen Feldbefehlen gefüllt und somit Arbeitsabläufe anfänglich automatisiert. Tabulatoren und Tabellen erleichtern die Textdarstellung. Die Schüler arbeiten in einem Netzwerk und erfahren dessen Vor- und Nachteile direkt in der Praxis. Dokumente können über das Netzwerk ausgetauscht werden und stehen allen zur Verfügung. Die scheinbare Anonymität im Netz und die Sicherheit (Passwörter...) werden besprochen. Der Abschlusstest wird dann direkt am PC geschrieben und nur wenn er im richtigen Verzeichnis „abgegeben“ wurde, kann er auch korrigiert werden... Außerdem werden die einzelnen Hardwarekomponenten eines PCs besprochen. Diese sind zwar dank Werbung in aller Munde, wurden aber von den wenigsten einmal wirklich gesehen, können jetzt angeschaut und „begriffen“ werden.

11. Klasse
Nachdem nun alle Schüler eine gemeinsame Basis haben, kann in der 11. Klasse eine Schicht tiefer gegangen werden: mit Hilfe der digitalen Logik (binäres und duales Zahlensystem) können einfache logische Kreise aufgebaut werden (AND-, OR- und NOT-Komponenten...). Ein prinzipielles Verständnis für die „Einfachheit“ des Computers wird möglich. Dies geschieht zunächst ganz ohne Computer. Erst die Schaltungsbilder werden mittels PC und Zeichenprogramm optisch dargestellt. Auch das Epochenheft wird digital erstellt. Die elektronische Kommunikation per E-Mail und das Suchen bestimmter Inhalte im World Wide Web mit all seinen Möglichkeiten und Grenzen werden vermittelt.

Biologie (Klassen 9-12)

Übergeordnete Ziele
Mit der zunehmenden Entwicklung der eigenen Urteilskraft in der seelischen Pubertät erwacht das ureigene Erkenntnis- und damit Wissenschaftsbedürfnis. Gleichzeitig beginnt die Suche nach eigenen Zukunftsidealen, nach dem eigenen Lebensentwurf. Hier kann der Unterricht hilfreich sein, indem er einen Ein- und Überblick in den Qualitätsreichtum der Naturreiche und ihre Ordnung gibt. In der 9. und 10. Klasse werden Merkmale und Gesetze des Lebendigen an der eigenen Seinsweise (Humanbiologie) gewonnen.  Die 11. Klasse behandelt die einfachsten Stufen der außermenschlichen Lebenswelt. In der 12.  beschäftigt sich der Schüler mit der Entwicklung der Lebewesen und des Menschen. Hilfreich ist dabei immer wieder der Blick auf die Geschichte der Naturwissenschaften und auf die goetheanistische Sichtweise. 

9. Klasse
Gesichtspunkte und Leitmotive: Einstieg in die Oberstufen-Naturwissenschaft, d.h. Behandlung der Themen mit allen Möglichkeiten exakter Formenkunde, Ermittlung der physischen Funktionen bis hin zur Einsicht in die jeweiligen Krankheiten.
Mögliche Inhalte: Bau und Funktion der Sinnesorgane, Anatomie und Physiologie des Knochen- und Muskelsystems am Beispiel des Menschen, Proportionsvergleiche mit anderen Wirbeltierskeletten, das menschliche Gebiss, eventuell Kehlkopf des Menschen.

10. Klasse
Gesichtspunkte und Leitmotive: Jugendliche dieses Alters können besser von der inneren Seite auf das eigene Leib-Seele-Verhältnis blicken. Deshalb wird von der morphologischen zur physiologischen und psychosomatischen Organbetrachtung ausgegangen und der physische Mensch in seinen Organen und Organfunktionen im Zusammenhang mit dem Seelischen und Geistigen untersucht.
Mögliche Inhalte: Die inneren Organe des Menschen: Blut-Herz-Kreislauf, Atmung, Verdauung, Hormone, Nervensystem, Urogenitalsystem.Der Erste-Hilfe-Kurs ergänzt die zentralen Motive des Hauptunterrichts. Der Schüler lernt, konkret einzugreifen, wenn es erforderlich ist, innere Hemmnisse abzubauen und im Notfall verantwortungsbewusst zu handeln.

11. Klasse
Gesichtspunkte und Leitmotive: Mit einer neu gewonnen Verständnisreife  können Grundfragen der Biologie erarbeitet werden, die zum Aufbau des ersten eigenen Weltbildes beitragen können. Die Verengung des Blickes in der mikroskopischen Dimension verlangt ergänzend die Betrachtung der Erscheinungen und Zusammenhänge in einer umfassenden, offenen Weise.
Mögliche Inhalte: Organismus und Zelle, Mikroskop-Elektronenmikroskop, Geschichte der Entdeckungen, Einzeller, Prokaryont – Eukaryont – Virus, Bedeutung der Mikroorganismen (u.a. als Produzenten – Destruenten), Sexualität – Mortalität, Mitose – Meiose (Problematik der Individualität), Mendelsche Regeln, Embryonalentwicklung des Menschen, evtl. niedere Pflanzen Mikroskopierkurs/Biologische Übungen: Beobachtungen von Kleinstlebewesen (Gewässer), Kennenlernen verschiedener pflanzlicher und tierischer/menschlicher Zellen und Gewebe,  einfache Färbemethoden,  Chromosomenfärbung, DNA-Gewinnung, einfache mikrobiologische Arbeiten wie z.B. Plattengießen, Impfen sowie ökologische Aspekte. Ein Laborbesuch ergänzt den Biologieunterricht.

12. Klasse
Gesichtspunkte und Leitmotive: Das in den letzten Jahren Aufgebaute wird  zu einer zusammenschauenden Übersicht zusammengeführt. Ausgehend von den einfachsten Lebensformen wird die Entwicklung immer höherer Organisationsstufen betrachtet, bis zur Frage nach dem Menschen in all seinen Facetten und in seiner Entwicklung.
Mögliche Inhalte: Zentrale Inhalte dieses Schuljahres sind Einblicke in die Botanik, das pflanzengeografische Grundgesetz und seine ökologische Bedeutung, die Zoologie und die Molekulargenetik: DNA und genetische Information, Proteinbiosynthese, kritische Betrachtung, Evolution der eukaryontischen Zelle.

Chemie (Klassen 9-12)

9. Klasse
Die Schüler sollen wichtige, hauptsächlich organische Stoffe und Prozesse und ihre technische und alltägliche Anwendung kennen lernen. Gleichzeitig soll aber auch das Verständnis für ökologische und gesellschaftliche Bezüge und Probleme gefördert werden. Dies ist wichtig, um dem zunehmenden Interesse des Pubertierenden für die reale Welt, für die Gesellschaft gerecht zu werden.
Themen: Verbrennung und der Oxidationsprozess, die Luft, die organische Chemie (Zucker, Stärke, Zellulose), Gärungen, Äther, organische Säuren, Ester, Aromastoffe, Fette als Esther

10. Klasse
Das leicht überschaubare Gebiet der Salze, Basen und Säuren wird den Schülern vorgestellt. Die Polarität Base-Säure und ihr Ausgleich im Salz wird erfahren und der Bezug zu Säure- Base- und Salzprozessen in den Lebensvorgängen soll gefunden werden. Dieser Vorgang der Salzbildung kann vom Jugendlichen als ein Ausgleich empfunden werden, ein Motiv der seelischen Entwicklung in der 10. Klasse, wo nach den Erlebnissen der Pubertät wieder eine relative innere Stabilität gewonnen werden kann.
Themen: Salzentstehung und –gewinnung, Kristallisieren und Lösen, Diffusion und Osmose, Herstellung von Säuren und Basen aus Metall- und Nichtmetallelementen, Einführung von Reaktionsgleichungen in einfacher Form

11. Klasse
Die Schüler sollen einen Überblick über das gesamte Gebiet der Chemie erlangen. Einführung der Formelschrift anhand der quantitativen chemischen Gesetzmäßigkeiten; Darstellung der chemischen Elemente und ihre Ordnung sowie Bedeutung in der Natur und Technik sind Gesichtspunkte dieser Jahrgangsstufe. Das Periodensystem wird nicht als vorausgesetztes Ordnungsprinzip eingeführt, sondern zusammenfassend als wesentliche Entdeckung. Während so an den Elementgruppen „individuelle“ Unterschiede, z.B. innerhalb der Gruppe der Edelmetalle, erlebbar werden können, benötigt die Erarbeitung des Periodensystems Abstraktionsfähigkeit. Ein Ausblick auf die ganzheitliche Betrachtungsweise und phänomenologische Chemie als Ausgangspunkt für eine erstrebenswerte sanfte und umweltfreundliche Technik der Zukunft soll gegeben werden.

Mögliche Themen: Begriffe Element, Verbindung, Analyse und Synthese, Grundgesetze chemischer Verbindungen, das Periodensystem der Elemente.

12. Klasse
Aus der historischen Entwicklung der organischen Chemie kann die Bedeutung organischer Verbindungen in der heutigen Zeit für Technik und Alltag vermittelt werden. Dabei steht die Biochemie als gedanklicher Leitfaden im Hintergrund. Für den menschlichen Organismus typische Prozesse, ihre Verknüpfung im Organismus und in der Ökologie können verfolgt werden. Enzyme, Hormone und Regelkreise können herangezogen werden, um eine menschengemäße Chemie darzustellen, die nicht vergiftend, sondern heilend für den Menschen und seine Umwelt sein soll.
Themen:  Einführung, Anwendung, Diskussion chemischer Modelvorstellungen, Begriff der organischen Chemie als Wissenschaft von den typischen Kohlenwasserstoffverbindungen, Erdöl, Derivate der Kohlenwasserstoffe, Biochemie.

Erdkunde/Geographie (Klassen 9-12)

Das Thema der Oberstufe ist die Erde in ihrer Gesamtheit.

Die 9. Klasse
behandelt die Erde als physischen Körper. Themen sind die feste Erdkruste mit ihren Gesteinen, die Gebirgsbildung, Erdbeben, Vulkanismus sowie die weltweite Struktur der Hochgebirge.

In der 10. Klasse
wird die Erde als dynamischer Organismus behandelt, also seine vielfältig vernetzten Bewegungen: Ströme des Erdinneren, Plattentektonik, Meeresströmungen, Luftströmungen usw.

Die 11. Klasse
nimmt nun humangeographische Gesichtspunkte hinzu. Die Orientierung des Menschen im Raum wird behandelt anhand ausgewählter Aspekte der Kartographie.

Die 12. Klasse
thematisiert schließlich den gestaltenden (und missgestaltenden) Menschen auf der Erde. Zentrale Themen der Wirtschaftsgeographie und der Globalisierung (z.B. Ressourcen, Rohstoffhandel, Welthunger, globale Wirtschaftsbeziehungen, Entwicklungspolitik usw.) werden behandelt, um ein selbstverantwortliches Erkennen und Handeln in den Schülern anzuregen.